Bindung Führung

Care-Arbeit und Elternzeit gehören als Social Skills in den Lebenslauf

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Eine Frau und ein junges Kind sitzen an einem Tisch, die Frau arbeitet an einem Laptop, während das Kind daneben in einem Malbuch malt. Quelle: Ilona auf Adobe.com

Wenn es darum geht, wer in der Familie den Großteil der Kinderversorgung übernimmt, den Haushalt schmeißt, sich um pflegebedürftige Familienmitglieder kümmert oder ein Ehrenamt übernimmt, dann sind das meist Frauen. All das fällt in den Bereich der Care-Arbeit. Für die unbezahlte Sorgearbeit wenden Frauen laut Bundesfamilienministerium jeden Tag durchschnittlich 52,4 Prozent mehr Zeit auf als Männer. [1]


Diese Lücke in der Zeitverwendung, der Gender Care Gap, dürfte die wenigsten Menschen überraschen. Denn auch heute noch erwarten breite Teile der Gesellschaft ganz selbstverständlich, dass Frauen die Care-Arbeit erbringen. Wäre diese entlohnt, dann würde sie nach Berechnungen von Oxfam jährlich weltweit dreimal so viel umsetzen wie der IT-Sektor. [2] Was bedeutet das für eine berufstätige Frau?

Karriereknick mit Kind

Vergleicht man den beruflichen Werdegang eines Mannes mit dem einer Frau, dann sieht man den deutlichsten Karriereknick, sobald Kinder ins Spiel kommen. Ablesen lässt sich das wieder am Gender Care Gap: Der beträgt bei den 34-jährigen Frauen im Durchschnitt 110,6 Prozent.

Während Väter in der Regel nach ein paar Elternmonaten weiter dem Unternehmen zur Verfügung stehen, gehen die meisten Frauen nach der Babypause länger aus dem Beruf. Fast ein Viertel aller Mütter, deren jüngstes Kind unter sechs Jahren ist, ist in Elternzeit. Bei den Vätern sind es nur 1,6 Prozent. [3] Für viele Frauen geht es über Teilzeitlösungen in den Job zurück. Das ist eine schlechte Grundlage für die Karriere und hat negative Auswirkungen auf die Rente.

Rationale Entscheidung fürs zu Hause bleiben

Unbestritten ist, dass viele Frauen möglichst viel Zeit mit ihren Kindern verbringen möchten, um sie gut auf das Leben vorzubereiten und um keinen Entwicklungsschritt zu verpassen. Manche Mütter würden gerne mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen, müssen aber arbeiten, weil ein Gehalt nicht reicht. Doch oft wird die Entscheidung, wer zu Hause bleibt, ganz rational getroffen: Wer besser verdient, geht weiter Arbeiten.

Und das ist in den meisten Fällen der Mann: Im Durchschnitt verdienen Frauen 18 Prozent weniger als Männer. [4] Das hat strukturelle Gründe – etwa, weil Frauen häufiger in schlecht entlohnten Berufen tätig sind, seltener Führungspositionen erreichen und häufiger in Teilzeit arbeiten. Eine Spirale, die sich verstärkt. Sie drängt auch diejenigen Väter, die ebenfalls gerne mehr für die Kinder da wären, in die Rolle des Versorgers.

Elternsein ist ein Job – und gehört anerkannt

Aus Sicht von Arbeitgebern sammeln Männer durch ihre Präsenz im Job Erfahrungen und erwerben Kompetenzen, die sie weiter qualifizieren. Eine familiäre Auszeit bedeutet dagegen, dass sich Arbeitssuchende in Vorstellungsgesprächen erklären müssen. Das geht Vätern übrigens genauso wie Müttern. Wie geht es raus aus dem Dilemma?

Eine Idee ist, Elternschaft als das anzusehen, was es ist: ein Job. Wer Care-Arbeit leistet, sammelt wie in bezahlten Berufen Erfahrungen, die die Persönlichkeit entwickeln. Wer mit kleinen und großen Menschen umgeht, entwickelt Kompetenzen in Krisenmanagement, Belastbarkeit, Organisation, Empathie und vielem mehr. Übrigens gilt das auch in Patchwork-Familien oder bei der Sorge für die ältere Dame im Nachbarhaus. Care-Arbeit gehört im Lebenslauf also definitiv in die Kategorie lebenslanges Lernen.

Die Karriereplattform LinkedIn hat darauf schon reagiert. Mitglieder können auf ihrem Profil berufliche Auszeiten angeben. Dazu gehören neben der beruflichen Umorientierung die Vollzeit-Elternschaft, die Pflege sowie die ehrenamtliche Arbeit.

Care-Arbeit ist wirtschaftlich relevant

Eine andere Idee ist, die Haltung zu ändern. Wenn jemand wäscht, putzt und sich um den Nachwuchs kümmert, dann sind diese Tätigkeiten notwendig, damit alle am nächsten Tag wieder frisch und leistungsfähig am Arbeitsplatz erscheinen können. Care-Arbeit hat eine volkswirtschaftliche Dimension. Unternehmen profitieren indirekt von den unbezahlten Stunden. Dementsprechend liegt es an den Unternehmen, Arbeitsplätze bereitzustellen, die Sorgearbeit erleichtern.

Die Initiative Equal Care Day fordert eine Übernahme von Care-Verantwortung durch privatwirtschaftliche Unternehmen [5]: „Es braucht anerkennende Maßnahmen und Leistungen, mit der private und innerbetriebliche Sorgearbeit honoriert und der Lebensunterhalt und die Gesundheit von Sorgetätigen gesichert wird.“ Bei der Vergabe von Aufträgen und öffentlichen Geldern sollte der ‚Social Impact‘ berücksichtigt werden, um Anreize für ‚fürsorgliche Unternehmen‘ zu schaffen.

Das Zauberwort heißt Selbstbestimmung

Arbeitgeber können ihren Teil beitragen, indem sie ein vernünftiges Klima für Eltern im Unternehmen schaffen. Ein Klima, das Mütter ermutigt, sich auch in Teilzeit auf eine freigewordene Leitungsposition zu bewerben. Ein Klima, das auch Väter dazu ermutigt, mehr als die üblichen zwei Monate Elternzeit zu nehmen.

Für Unternehmen, die eine familienfreundlichere Unternehmens- und Arbeitskultur schaffen wollen, heißt das Zauberwort Selbstbestimmung. In einer Umfrage des Onlineportals nine to life unter 200 Führungskräften sagten 37 Prozent der Befragten, dass mehr Selbstbestimmung am Arbeitsplatz dazu führe, dass sie mehr Eltern beschäftigten. [6] Wer also gemeinsam mit den Mitarbeitenden über die Gestaltung von Faktoren wie Arbeitszeit und -ort spricht und individuelle Lösungen sowie mehr Flexibilität ermöglicht, der hat bereits einen großen Schritt zur Anerkennung von Care-Arbeit gemacht.

In unserer Checkliste liest du, wie du als Führungskraft dazu beitragen kannst, Care-Arbeit und Berufstätigkeit besser in Einklang zu bringen.

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