Gab es strukturelle Hürden, als du dein Teilzeit-Modell durchgesetzt hast?
Ich musste vor allem mein Privatleben organisieren. Ich bin niemand, die im Vorhinein alles zu 100 % plant. Bei mir gibt es ein Grundgerüst und den Rest entscheide ich spontan. Anders ist so ein Spagat zwischen Führungsverantwortung in Teilzeit und Familie aus meiner Sicht nicht umsetzbar. Menschen, die den Anspruch haben, dass immer alles perfekt geplant ist, und die für alle Eventualitäten eine Lösung parat haben wollen, dürften es da eher schwer haben.
Daneben steht das Arbeitsumfeld. Wie sollte dieses strukturiert sein, damit es familienfreundlicher wird und es auch möglich ist, in Teilzeit Verantwortung zu übernehmen?
Wichtig ist natürlich, dass das Unternehmen offen für neue Strukturen ist und keine Vorbehalte hat. Ohne ein unterstützendes Umfeld und meinen Vorgesetzten, der mein Potenzial gesehen und mich gefördert hat, wäre ich den Schritt nicht gegangen. Wir haben bei der Sparkasse zudem das große Glück, dass unser Vorstand hinter der Sache steht. Wenn die Führungsspitze Maßnahmen nicht offensiv fördert und einfordert, dann ist es sehr schwer, etwas zu erreichen.
Daneben gibt es bei der Sparkasse eine ganze Reihe familienfreundlicher Angebote. Es werden beispielsweise Eltern bei der Suche nach Betreuungsangeboten für ihre Kinder unterstützt. Oder wir hatten durch unseren Vorstand begleitete Gesprächsrunden, in denen Bedarfe und Sorgen besprochen wurden.
Was würdest du einer jungen Frau mitgeben, die im Unternehmen Führungsaufgaben übernehmen möchte, sich aber nicht unterstützt fühlt?
Wichtig sind immer die eigene Motivation und die Frage: Warum möchte ich das eigentlich machen? Wenn ich meinen Job gerne mache und überzeugt bin, dass ich gut darin bin, sollte ich das offen kommunizieren. Mir ist es nicht immer leicht gefallen, Ansprüche geltend zu machen. Gerade Frauen sind eher selten die, die sich hinstellen und von sich behaupten „hey, ich bin die Tollste, ich rocke das schon!“ Wichtig ist, Wünsche nach mehr Verantwortung offen zu kommunizieren. Das können am Anfang einzelne Aufgaben oder Teilbereiche sein.
Daneben halte ich regelmäßige Fördergespräche für sehr wichtig. Ich kenne Mitarbeitende, die viel Potenzial haben, aber nicht in Vollzeit arbeiten können. Da wäre es doch unklug, wenn ich als Führungskraft dieses Potenzial nicht mehr abrufe, weil die Kollegin oder der Kollege „nur“ in Teilzeit verfügbar ist. Ich habe es als Führungskraft selbst erlebt, dass ich manchmal direkt fragen musste: Mensch, wäre das nicht was für dich? Zudem sind diese Gespräche keine Einbahnstraße, bei denen der oder die Vorgesetzte nur die eigene Einschätzung verkündet. Da sind alle gefordert, sich Gedanken zu machen, wie sie sich die Zukunft vorstellen.
Du bist Geschäftsführerin des ÜberseeHubs. Welche Erfahrungen in puncto Familienfreundlichkeit kannst du dort umsetzen?
Wir stehen derzeit durch Covid-19 vor großen Herausforderungen. In unserem rund zwölfköpfigen Team gibt es einige junge Entwickler:innen, die kleine Kinder haben. Viele gestalten ihre Arbeitszeit flexibel und arbeiten eher am Nachmittag und in den Abendstunden, da sie sich vormittags um ihr Kind kümmern. Wir haben diese Flexibilität zu Beginn der Pandemie sehr klar kommuniziert.
Gerade in der Tech-Branche gibt es immer noch wenige Frauen. Wenn wir früher ein neues Team zusammengestellt haben, waren es oft nur Männer. Auf mein Nachfragen wurde am Ende auch immer eine kompetente Frau gefunden. Generell empfinde ich gemischte Teams als angenehmer. Wobei Diversity keine reine Geschlechterfrage ist. Insgesamt ist hier noch Luft nach oben.