Bisher führen eher größere Unternehmen Anti-Bias-Trainings durch. Was können kleinere und mittelständische Unternehmen von diesem Ansatz lernen?
Größere Unternehmen haben in der Regel eine ausformulierte Diversity- und Inklusionsstrategie, in die dieser Ansatz integriert werden kann. Die Strukturen sind ab einer gewissen Größe so komplex, dass die Trainings schlicht notwendig werden. Aber auch jedes kleine Unternehmen sollte sich fragen: Wozu brauchen wir Diversity? Wobei kann uns der Anti-Bias-Ansatz unterstützen?
In welchen Unternehmensbereichen setzt das Training an?
Wichtige Ansatzpunkte sind zum Beispiel das Recruiting und die Zufriedenheit der Belegschaft eines Unternehmens. Darüber hinaus kann so ein Training aber auch dabei helfen, die Bedürfnisse von Stakeholdern besser zu erfassen oder Produkte gezielter auf dem Markt zu platzieren. Der Fokus muss also nicht immer ausschließlich auf Personalfragen liegen.
Beim Unconscious-Bias-Ansatz geht es auch nicht immer rein um die klassische Dimension von Diversity, also Geschlecht, Alter, sexuelle Identität, Herkunft und so weiter. Wir erweitern unter dem Schlagwort der „kognitiven Diversität“ unsere Perspektive auf unterschiedliche Problemlösungsstrategien und Sichtweisen aufgrund Bildungs-, Lebens und Berufshintergründen. Damit kann auch in kleineren Unternehmen ohne perfekt geschliffene Diversity Strategie eine Veränderung gelingen.
Was sind die häufigsten Vorbehalte, denen du mit deinem Ansatz begegnest? Wie kann Widerständen gegen die Trainings überhaupt begegnet werden?
Die üblichen Hürden sind, dass sich Personen nicht angesprochen fühlen und dann beginnen, alles zu hinterfragen – angefangen dabei, warum sie nicht gemeint sind.
Viele Unternehmen setzen ihren Fokus auf die Frauenförderung und beschränken sich damit auf eine Diversity-Dimension. Dann passiert oft genau das: Andere Gruppen fragen sich, warum sie nicht berücksichtigt werden. Das klassische Beispiel ist die Karriereförderung von Frauen. Wenn ich aber ein Projekt zur Gleichberechtigung der Geschlechter einrichte, erreiche ich mehr Mitarbeiter:innen, als wenn ich nur Frauenförderung betreibe. Denn zur Gleichberechtigung gehört eben auch, Väter in Elternzeit zu unterstützen und Männern andere Lebensläufe zu öffnen.
Ein weiteres Problem ist, dass die Teilnehmer:innen oft zu den Schulungen verpflichtet waren. Das stärkt innere Widerstände und schmälert die Bereitschaft, sich auf Neues einzulassen. Daher ist es wichtig, im Vorfeld das Interesse der Teilnehmenden zu wecken. Zum Beispiel, indem die Teilnahme zwar gefördert, aber nicht erzwungen wird.